Ein IPv6 Homeserver via OPNsense

Ein IPv6 Homeserver via OPNsense

Firewall

Eigentlich ist es zu verlockend: Neben einer einzigen IPv4-Adresse weist mir mein Internetprovider auch gleich noch eine IPv6-Adresse zu. Doch halt: Ist das wirklich nur eine einzelne IP-Adresse? Eben nicht, man bekommt einen Netzwerkblock zugewiesen. Ich könnte also jedem einzelnen Rechner, sogar jedem einzelnen Dienst in meinem Heimnetzwerk eine eigene IPv6-Adresse zuweisen. Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten – Es ist Zeit das mal auszuprobieren!

In meiner Umgebung steht eine OPNsense Firewall welche sich ums Internet kümmert. Mein Testserver, welcher von extern erreichbar sein soll, ist ein Ubuntu basiertes System welches sich bei mir in einem Netzwerk mit dem Namen PREP befindet. Der Name ist eigentlich egal, für dieses Beispiel sinniger wäre vermutlich der Begriff DMZ. Als Internetanschluss besitze ich Glasfaser (FTTH), das Prinzip hier gilt jedoch sinngemäß genauso für ADSL. Sogar für statische IP-Adressen ist dieses Beispiel sinngemäß anzuwenden.

Noch eine kurze Anmerkung: Unter IPv6 ist das fehleranfällige NAT für solche Aufgaben unerwünscht. Jeder sollte genügend IPv6 Adressen erhalten, um alle internen Systeme via IPv6 erreichbar zu machen – sofern man möchte. Da man genügend öffentliche IP-Adresse hat, ist kein NAT notwendig.

OPNsense

Meine OPNsense ist via Dualstack am Internet verbunden, d.h. ich habe neben meiner IPv4 noch eine IPv6 Adresse mit einem /56er Präfix anliegen. Obwohl ich Glasfaser habe, ist es vom Verfahren her so wie hier in der Dokumentation von OPNsense beschrieben für DSL. Das macht keinen Unterschied. Hier der Link zur Doku: https://docs.opnsense.org/manual/how-tos/ipv6_dsl.html. Schreibe mir einen Kommentar oder eine Nachricht, falls hierzu weitere Details erwünscht sind.

 

Meine IPv4 Adresse für dieses Netzwerk ist manuell gesetzt. Für IPv6 ist Track Interface eingetragen. Das zu verfolgende Interface ist WAN, als Prefix-ID verwende ich df (223 dezimal = df hexadezimal).

Sollte ich von meinem Internetprovider als Prefix 2001:0db8:1234:5600/56 erhalten, so beginnen alle IPv6 Adressen in meinem PREP Netzwerk mit dem Prefix 2001:0db8:1234:56df/64. Die letzten zwei Byte, welche bisher als 00 dargestellt waren, werden durch die gesetzte Prefix-ID ersetzt. Ein Zeichen ist ein Byte, ein Byte hat 8 Bit und somit sind zwei Byte 16 Bit. Mein Prefix wird also von /56 zu /64 „verlängert“. Das ist auch genauso gewollt, dass man mehrere Netze mit IPv6 Adressen bestücken kann – deswegen bekomme ich von meinem Provider ein /56er Prefix.

OPNsense Track Interface
Linux ip -6 a

Linux

Als Linux verwende ich ein Ubuntu basiertes System. Letztendlich ist egal welches Linux zum Einsatz kommt. Die gezeigten Verfahren sollten bei den gängigsten Distributionen sinngemäß übertragbar sein.

Wie im Screenshot gezeigt, hat mein Ubuntu als IPv6-Adresse unter anderem die 2a00:79c0:72b:2edf::2000/128 erhalten. Das ist ein Beispiel einer Adresse, welche tatsächlich bei mir mal vergeben war. Allerdings nur bis zum nächsten Tag, da wählt sich mein System neu ein und bekommt eine andere IP-Adresse. Zusammengefasst: Diese Adresse ist gültig, allerdings wird dort sicherlich kein System mehr erreichbar sein 😉

Diese IP täte bereits reichen und kann entsprechend verwendet werden. Das Linux-System bekommt bei jedem Neustart erneut diese Adresse zugewiesen. Der Trick ist ziemlich einfach: Unter OPNsense die Seite Services/ISC DHCPv6/Leases öffnen und man findet folgenden Eintrag:

 

 

IPv6-Leases

Unter Ubuntu ist es ebenfalls möglich eine eigene Adresse zu setzen, in dem man einen passenden Token definiert. Dieser Token wird einfach an das Prefix angefügt. In diesem Beispiel verwende ich hierfür diesen: 0000:0000:cafe:0001. Abgekürzt wird dies als ::cafe:0001 dargestellt. Dafür wird in der /etc/netplan/00-installer-config.yaml folgende Zeile ergänzt:

network:
ethernets:
ens34:
dhcp4: true
ipv6-address-token: "::cafe:0001"
version: 2

Dies ist eine weitere Möglichkeit eine „statische“ IP zu erhalten, trotz wechselndem Prefix. Mittels „netplan apply“ wird der Eintrag aktiviert.

Nochmals zusammengefasst: Das PREP Netzwerk erhält von OPNsense ein IPv6 Prefix welches in diesem Beispiel um df erweitert wurde um auf 64 Bit zu kommen. Die ersten 56 Bit sind dynamisch und ändern sich bei jeder Einwahl erneut. Die letzten 64 Bit können selbst vergeben werden. Wie oben gezeigt entweder per DHCPv6 oder per ipv6-address-token. Funktionieren tun beide Varianten.

Statische oder dynamische IPv6-Adresse

Sollte man, wie ich ein wechselndes IPv6 Prefix haben, sollte man die IP-Adresse über einen der gängigen DynDNS-Dienste erreichbar machen. Einfach dessen Anleitung befolgen, wie man einen IPv6 Eintrag anlegt. Hat man ein statisches Prefix, kann man den Eintrag direkt in der DNS-Verwaltung vornehmen.

OPNsense Alias

Nun benötigt man in der OPNsense Firewall noch eine Regel, welche übers WAN-Interface den Zugriff auf den Server erlaubt. In diesem Beispiel habe ich ein Apache auf dem Ubuntu installiert, welcher lediglich an Port 80 für http ran geht.

In der OPNsense verwende ich für interne Adressen ganz gerne Aliase. Hat man eine statische IP-Adresse, ist dieser rasch angelegt. Allerdings habe ich ein wechselndes Prefix. Hierfür hat OPNsense allerdings die passende Lösung parat: Ein Alias vom Typ „Dynamic IPv6 Host“. Ich lege also unter Firewall/Aliase einen neuen Alias an, trage einen Namen ein, wählte den erwähnten Typ und setze als Content den Token welcher ebenfalls unter Ubuntu eingetragen wurde: ::cafe:0001 – oder gekürzt als ::cafe:1 dargestellt. Selbstverständlich funktioniert das ebenso für das oben gezeigte ::2000. Als Interface, damit OPNsense das passende Prefix wählt, gebe ich noch mein PREP Netzwerk an.

OPNsense IPv6 Alias

Funktionskontrolle gefällig? Hierzu unter Firewall/Diagnostic/Aliases wechseln und den neu angelegten Aliase auswählen. In der Liste der IP-Adressen steht bei mir der folgende Eintrag: 2a00:79c0:72b:2edf::cafe:1. Zu Beginn ist das Prefix welches ich von meinem Internetprovider erhalten habe, die Prefix-ID des PREP Interfaces ist df und als Token ist ::cafe:1 hinterlegt. Sobald sich OPNsense neu mit dem Internet verbindet, werden die ersten 56 Bit der Adresse automatisch angepasst.

 

Firewall Regel

Die Regel für die Firewall ist nun rasch erledigt. Auf dem WAN-Interface eingehend für IPv6, Quelle any und als Ziel der neu angelegte Alias eingetragen. Das war es.

OPNsense Firewall Regel

Funktionstest und Fazit

Zum Schluss ein kurzer Funktionstest: Der DNS-Aufruf zeigt die richtige IPv6-Adresse an, ein einfacher Aufruf via curl zeigt die Ausgabe vom Webserver an. Alternativ kann das natürlich ebenso mit einem Webbrowser geöffnet werden – falls man die Konsole nicht mag.

Wie gezeigt, ist es mit OPNsense rasch erledigt einen Homeserver via IPv6 im Internet erreichbar zu machen. Da man genügend öffentliche IPs erhält, kann man jeden Dienst mit einer eigenen IP ausstatten. Und, das angewendete Schema, kann man durchaus auf andere Systeme übertragen: Es muss kein Linux-Server sein, hier geht jedes andere IPv6 fähige Betriebssystem, welches den passenden Dienst anbietet. Ebenso kann OPNsense auf Firewall- bzw. Router-Seite durch alternativen ersetzt werden – solange diese mit wechselnden IPv6 Prefixen umgehen können.

Test

by Mrz 30, 2024 Keine Kommentare
Einsame Menschen sollten die Firewall kontrollieren

Einsame Menschen sollten die Firewall kontrollieren

Gestern war alles besser

„Die Warenwirtschaft meldet Benutzername oder Passwort falsch – das muss am VPN bzw. der Firewall liegen…“ „Aha, Du bist also bereits per VPN verbunden und bekommst von der Anwendung die Meldung, dass es da ein Problem mit den Zugangsdaten gibt? Ja, glasklar, dass muss am VPN liegen. Oder sogar an der Firewall…“

„Ich bekomme keine Emails mehr, die Firewall ist schuld.“ „Gestern ging es noch?“ „Ja, gestern war alles in Ordnung.“ „Habt ihr an der Firewall etwas geändert?“ „Nein“ Auch hier wieder: Glasklar, die Firewall ist schuld. Oder vielleicht doch der Postfachspeicher bei dem sich einfach nur ein Service verheddert hat.

Eins meiner persönlichen Highlights: „Ich bekomme keine Emails mehr, die Firewall ist schuld.“ „Gestern ging es noch?“ „Ja, gestern war alles in Ordnung.“ Meine Erfahrung hat mich gelehrt erstmal eine Testnachricht zu schreiben. „Wie, die kam an? Ja kann es einfach nur sein, dass Dir seit gestern niemand mehr eine Email geschickt hat?“ Ergo: Wer an Einsamkeit leidet, sollte die Firewall kontrollieren. Richtig gemein: Die Emailadresse in einschlägigen Newslettern angemeldet: Das Postfach steht nie wieder still. Helfen kann so viel Freude bereiten.

Zurück zum Thema: „Die Webesite lässt sich nicht öffnen, die Firewall ist schuld.“ So langsam kann ich es nicht mehr hören. „Den Stuttgarter Automobilbauer schreibt man übrigens ohne ‚ä'“ „Ach, wirklich?“ „Ja, und es ist sogar egal welchen von beiden Du meinst…“ Also auch hier: Rechtschreibfehler in der URL? Muss an der Firewall liegen welche arglistig Buchstaben vertauscht.

Nebenbei: Missing Feature in Webbrowsern: Eine Rechtschreibkorrektur für URLs. Kann doch so schwer gar nicht sein. Oder warum ist eigentlich nie besetzt wenn man sich verwählt hat? Ach, ich mag solche Themen. Wir schweifen gerade allerdings ab.

Zurück zur eigentlichen Problematik: Hier kommt das Mensch sein einfach nur voll zum tragen. Sobald irgendetwas anders läuft wie von mir erwartet und ich verstehe die Ursache nicht, dann schiebe ich die Schuld auf das was ich am wenigsten kapiere. Also letztendlich auf das was am weitesten weg von mir ist. Einfaches Prinzip, oder? Und dann wird klar was die Aussage „da geht was nicht, die Firewall ist schuld“ wirklich bedeutet: Den Menschen heute ist gar nicht mehr klar warum man überhaupt eine Firewall braucht. Firewalls sind unbequem und schränken nur ein. Eine any-to-any-allow-Regel ist doch sicher genug? Was soll da schon passieren?

Das ist aber nur die Hälfte der Wahrheit: Wenn ich irgendetwas nicht kapiere und die Schuld auf das, was mir am weitesten entfernt liegt schiebe, dann habe ich doch bereits die erste Hälfte der Problematik nicht verstanden: Mir ist gar nicht mehr klar wie eine Anmeldung an einer Warenwirtschaft funktioniert, ich kenne gar keine Details mehr über den Fluss einer Email, der Rechner weiß doch was ich meine – egal ob ich mich vertippe oder nicht.

Aber hey, da hab ich einen Tipp für Dich – weil es ist doch total leicht und eigentlich absolut simpel: Wenn das, was weit weg von mir ist, eine Firewall ist, dann doch hoffentlich auch von dem mir gegenüber. Wie peinlich wäre es zuzugeben, dass ich mein Passwort 3x falsch eingegeben habe. Wie gut, dass mein gegenüber von der Firewall vermutlich genauso wenig Ahnung hat wie ich. Win-Win für beide Seiten. Wunderbar. Mal wieder die Welt gerettet. Ein hoch auf die Firewall. Ironie Ende.

by Dez 08, 2022 Keine Kommentare
Das One-Way-Ticket für eine Netzwerk-Route inkl. Rückfahrt

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Netzwerk

Es ist mal wieder… öhm… Montag? Ok, dann halt mal Montags. Ein Problem aus der Kategorie seltene Wunder. Kann man auch mal Montags machen. Zwei Rechner, zwei Netze, mitten drin die Firewall. Ping von einem Rechner auf den anderen geht, ein Netzlaufwerk verbinden geht allerdings nicht. Klingt nach Firewall. Oder doch nicht? (mehr …)

by Mrz 20, 2022 Keine Kommentare